Hydrogen Valleys in Österreich

Februar 2024

Um eine nachhaltige Wasserstoffwirtschaft aufzubauen, müssen Projekte entlang der gesamten Wertschöpfungskette und aus den verschiedenen Sektoren miteinander verknüpft werden. Stärker als bisher soll das nun unter dem Schirm von Hydrogen Valleys in Österreich stattfinden.

Von: Margherita Matzer, Judith Mairhofer, WIVA P&G

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Hydrogen Valley ist ein geografisches Gebiet, in dem klimaneutraler Wasserstoff produziert und lokal von Haushalten, Nahverkehr und Industrieanlagen genutzt wird.
  • Dadurch soll die Wasserstoffwirtschaft auf lokaler Ebene aufgebaut werden und anderen Gebieten als Vorzeigemodell dienen.
  • In Österreich sollen in den nächsten Jahren drei Hydrogen Valleys aufgebaut werden.

Von Einzelprojekten zu einem Hydrogen Valley

Um dem Klimawandel entgegentreten zu können und die dafür notwendigen Ziele zu erreichen, bedarf es einer Weiterentwicklung des europäischen und österreichischen Wirtschaftssystems, unter anderem durch eine verstärkte Integration von erneuerbarem Wasserstoff.

In Österreich sind in den letzten fünf Jahren viele Wasserstoffprojekte entwickelt und umgesetzt worden. Zusammen ergeben die Projekte ein vielfältiges Bild, das die gesamte Wasserstoffwertschöpfungskette abdeckt:

  • Wasserstoffproduktion,
  • Speicherung,
  • Verteilung und
  • Anwendung.

Dieses vielfältige Bild ist auch notwendig, um eine nachhaltige Wasserstoffwirtschaft aufbauen zu können, denn nur wenn alle Glieder der Wertschöpfungskette zusammenarbeiten und miteinander im Austausch stehen, ist die Transformation des Wirtschaftssystems möglich. Um diese Zusammenarbeit weiter voranzutreiben und zu vertiefen, müssen nun Hydrogen Valleys aufgebaut werden. Hydrogen Valleys sind geografisch eingegrenzte Gebiete, in denen klimaneutraler Wasserstoff lokal produziert und auch wieder verbraucht wird. Dadurch sollen Stakeholder aus den verschiedenen Sektoren – Industrie, Energie und Mobilität – miteinander in Kontakt kommen und voneinander profitieren. Dadurch wird ein defossiliertes Energiewirtschaftssystem geschaffen, das die regional bedingten Bedürfnisse abdeckt und zur Einhaltung der Klimaziele beiträgt.

Ein Hydrogen Valley ist mehr als die Summe der einzelnen Projekte

Innerhalb eines Valleys spielt sowohl der Austausch von klimaneutralem Wasserstoff eine wichtige Rolle, als auch der von Wissen. Von und miteinander lernen, um für die Zukunft bessere und effizientere Lösungen parat zu haben, ist ein wesentlicher Faktor des Valley-Gedankens. Daher spielen auf der einen Seite der Wissensaufbau und auf der anderen Seite der -transfer eine große Rolle. Somit ist ein Hydrogen Valley stets begleitet von Cross-Cutting Forschungen und Impactanalysen.

Dadurch soll ein Energiesystem entstehen, das zwar individuell auf die Bedürfnisse der jeweiligen Region zugeschnitten ist, aber gleichzeitig als Vorzeigemodell für andere Regionen dienen kann. Um das zu erreichen, sind Hydrogen Valleys immer in engem Kontakt mit anderen Hydrogen Valleys, um Wissen auszutauschen und voneinander zu lernen. Somit entsteht eine starke Verknüpfung zwischen den Hydrogen Valleys. In weitere Folge soll zwischen den Valleys auch Wasserstoff transportiert werden. Sogenannte Wasserstoff-Korridore ermöglichen den Handel und Transport von Wasserstoff via Pipelines, Straßen, Wasser oder Schienen.

Hydrogen Valley – Die europäische Förderschiene

Das Konzept eines Hydrogen Valleys wird weltweit umgesetzt und in der Datenbank von Clean Hydrogen Mission (h2v.eu) werden die verschiedenen Valleys zusammengefasst dargestellt. 2019 gab es in der EU das erste Mal einen Förderungs-Call für ein Hydrogen Valley. Dabei handelte es sich um einen Call des Fuel Cell and Hydrogen Joint Undertaking, einem Zusammenschluss von Hydrogen Europe, Hydrogen Europe Research und der EU Kommission.


Seither hat sich viel getan und einen Call für Hydrogen Valleys gibt es jährlich, wobei sich die Ausschreibung jedes Jahr weiterentwickelt hat. So gibt es mittlerweile zwei Programme, small-scale und large-scale Hydrogen Valleys, die jeweils mit 5 Mio. bzw. 20 Mio. Euro gefördert werden. Diese Förderung ist auf vier bis sechs Jahre anberaumt und stellt eine Förderhöhe von bis zu 20% der Projektkosten dar. In der Realität entspricht die Förderung jedoch eher nur 5% der Gesamtkosten eines Valleys. Diese niedrige Förderrate ist bewusst gewählt, da die Hydrogen Valley Förderung als Anstoß fungieren möchte. Ziel ist es Stakeholder und nationale Regierungen dazu zu motivieren, mehr Geld in die Hand zu nehmen, um die einzelnen Projekte zu bündeln und eine langfristige nachhaltige Energiewende zu ermöglichen. Internationale, nationale und regionale Zusatzförderungen sind aus diesem Grund gewollt und empfohlen.
 

Die österreichischen Pläne

So soll im Westen ein Hydrogen Valley gemeinsam mit Trentino, Südtirol und Bayern entstehen, dessen Fokus auf Tourismus und Transitverkehr liegt. Der erste Baustein für ein Hydrogen Valley wurde bereits mit dem WIVA P&G Projekt HyWest (www.wiva.at/project/hywest/) gelegt. Dieses Leuchtturmprojekt dient dem musterhaften Aufbau einer regionalen klimaneutralen Wasserstoffwirtschaft. Nun sollen die Grenzen sowohl örtlich als auch thematisch erweitert und die Nachbarländer mit eingebunden werden. Dadurch soll in Tirol ein grüner Wasserstoff-Korridor geschaffen werden. Wichtig dabei ist der Aufbau von Infrastruktur, die Sektorkopplung sowie die H2-Nutzung in der Mobilität.


Im industriellen Zentrum von Österreich soll ein weiteres Hydrogen Valley entstehen, welches die Bundesländer Oberösterreich, Steiermark und Kärnten abdeckt. Insbesondere sind die Stahl-, Zement- und Chemieindustrie hier stark vertreten und möchten einerseits grauen durch grünen Wasserstoff in Industrieprozessen ersetzen und andererseits in hard-to-abate Prozessen neue Einsatzgebiete für grünen Wasserstoff entwickeln, um ihren Beitrag zu einer defossilen Zukunft zu leisten. Auch im Bereich Mobilität gibt es verschiedene oft multimodale Lösungsansätze um klimaneutraler zu werden. Um den im Hydrogen Valley produzierten Wasserstoff auch an die verschiedenen Stakeholder zu verteilen sind Pipeline- und Trailerprojekte wichtig und daher auch angedacht. Die drei Landesregierungen und die ansässigen Stakeholder haben sich daher zusammengeschlossen, konkrete Pläne entwickelt und streben nun eine Einreichung im April 2024 an.                                                                                                                                                                                                     
Im Osten hat das WIVA P&G Projekt H2REAL (www.wiva.at/project/h2real/) im Mai 2023 gestartet und soll den Grundstein für ein Hydrogen Valley rund um Wien bilden. Das Projekt verfolgt die Entwicklung neuartiger Wasserstoff-Technologien, die Verbindung von regionalen Demonstrationsprojekten sowie die Vernetzung relevanter Stakeholder zum Aufbau einer nachhaltigen Wasserstoffwirtschaft entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Im Laufe der nächsten Jahre soll das Projekt ausgedehnt und die Kooperation mit der Slowakei und Ungarn ausgebaut werden. Zusammen mit den zwei Nachbarländern soll ein Hydrogen Valley mit den Schwerpunkten Großstadtversorgung und Raffinerien etabliert werden. Auch in den Bereichen Schwerlastmobilität, Schiffsverkehr auf der Donau sowie öffentliche Nahverkehr werden entsprechende Projekte entwickelt.

Die Vernetzung

Alle drei Hydrogen Valleys in Österreich stehen, unter dem Dach von WIVA P&G, im engen Austausch miteinander und ebnen so gegenseitig den Weg zu einer erfolgreichen Umsetzung. Aber nicht nur innerhalb Österreichs sind diese drei Valleys miteinander verbunden, auch international sind sie gut vernetzt. So gibt es nach Kroatien, Slowenien und Italien durch das schon bestehende Hydrogen Valley North Adriatic (www.nahv.eu) eine direkte Verbindung in den Süden. Richtung Norden steht WIVA P&G mit Bayern seit Jahren in gutem Austausch. Durch das europäische Projekt Hy2Market (hy2market.eu) gibt es gute Kontakte mit verschiedenen Regionen in ganz Europa, die im Zuge der Hydrogen Valley Entwicklungen noch weiter vertieft werden.

Die Vorzeigeregion WIVA P&G wurde 2023 mit dem “European Hydrogen Valley of the year” Award ausgezeichnet. Diese internationale Sichtbarkeit wird durch die Installation dreier, aus WIVA P&G entstandenen, thematisch auf die Regionen abgestimmten Hydrogen Valleys, deutlich verstärkt werden. Damit wird der Urgedanke der Vorzeigeregionen Energie, nämlich Klimaneutralität mit Lösungsansätzen und Technologien aus Österreich zu schaffen, weltweit verankert.